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Alte Allianzen, neues Selbstbewusstsein

12. Januar 2012 – 22:03

Zu Beginn seiner UN-SicherheitsratsprĂ€sidentschaft unterzeichnet SĂŒdafrika MilitĂ€r-Abkommen mit Kuba

Offiziell bringt die sĂŒdafrikanische Regierung die beiden sĂ€uberlichen getrennten Meldungen nicht in Zusammenhang: WĂ€hrend StaatsprĂ€sident Jacob Zuma am Dienstag in New York eintraf, wo SĂŒdafrika turnusmĂ€ĂŸig im Januar den Vorsitz des Weltsicherheitsrates ĂŒbernimmt, unterzeichnete Verteidigungsministerin Lindiwe Sisulu am gleichen Tag in der Hauptstadt Pretoria ein Abkommen zur militĂ€rischen Kooperation mit Kuba. Auch wenn es dabei hauptsĂ€chlich um Gesundheitsleistungen im MilitĂ€r und Ausbildung gehen soll, untermauert der Schritt das neue Selbstbewusstsein SĂŒdafrikas. Mit seiner UnterstĂŒtzung PalĂ€stinas und der beabsichtigten StĂ€rkung der Afrikanischen Union könnte Zuma auch bei der UN fĂŒr Diskussionen sorgen.

Kuba pflegt eine lange Partnerschaft mit SĂŒdafrikas Regierungspartei, dem African National Congress (ANC), den die Kubaner bereits seit dem Befreiungskampf gegen das rassistische Apartheid-Regime unterstĂŒtzen. Als die Partei Nelson Mandelas in Washington, London und Bonn noch als Terrororganisation galt, ermöglichte das kubanische Eingreifen im angolanischen BĂŒrgerkrieg schließlich den Anfang vom Ende der weißen Minderheitsregierung in Pretoria. Das Engagement ging auch in Friedenszeiten weiter, Kuba bildet sĂŒdafrikanische Medizinstudenten aus und entsendet bis heute Ärzte nach SĂŒdafrika, die SĂŒdafrikaner erließen Kuba in einer symbolischen Geste 2008 seine ohnehin geringen Schulden von umgerechnet 73 Millionen Euro. Die jetzt vereinbarte Kooperation betrifft laut Sisulu vor allem „MilitĂ€r-Veteranen, die Verteidigungs-Industrie, medizinische Versorgung im MilitĂ€r sowie Ausbildungs- und Austauschprogramme“. „Wir wollen Kuba mit unserer Verteidigungsindustrie zusammenbringen“, ergĂ€nzte ein Ministeriumssprecher, Details des Abkommens wurden allerdings nicht veröffentlicht. „Die bringen ihre Ausbilder, Hauptziel ist die Gesundheitsversorgung“, so der Sprecher.

„Wir können von den kubanischen StreitkrĂ€ften viel lernen und ich glaube, das Kuba, wie es das immer getan hat, seine Expertise mit unseren VerteidigungskrĂ€ften teilen und zum Vorteil nicht nur SĂŒdafrikas sondern der Region und dem Kontinent insgesamt beitragen kann“, so Sisulu und ließ damit Spekulationsfreiraum auch fĂŒr mögliche gemeinsame FriedenseinsĂ€tze in Afrika. Auch wenn die Anzeichen dafĂŒr noch sehr vage sind, schaffen sich die SĂŒdafrikaner zumindest neue Optionen „in einer Zeit neuer Waffen, strategischen Denkens und Kampfmethoden“, wie es der kubanische Unterzeichner, Ministerrats-VizeprĂ€sident Ulises Rosales del Toro, nannte.

Die neue Ausrichtung dĂŒrfte auch ein Zeichen fĂŒr den Weltsicherheitsrat sein, den Zuma zuletzt wegen des Libyen-Krieges schwer kritisiert hatte – auch wenn sich SĂŒdafrika bei der entscheidenden Abstimmung zur Flugverbotszone lediglich enthielt. Im Oktober vergangenen Jahres hatte Zuma dem Sicherheitsrat vorgeworfen, den Beschluss missbraucht und die Arbeit der Afrikanischen Union fĂŒr eine friedliche Lösung unterwandert zu haben. Ein Flugzeug mit AU-Diplomaten hatte Tripolis damals unter Abschussdrohungen nicht anfliegen dĂŒrfen, der Sicherheitsrat habe einer afrikanischen Lösung der Libyen-Frage den Raum genommen. Zuma forderte in der Folge eine Reform des Sicherheitsrates und einen stĂ€ndigen Vertreter fĂŒr Afrika und Lateinamerika.

Diese Forderungen will er nun in New York erneut aufgreifen. SĂŒdafrika werde seine PrĂ€sidentschaft im Sicherheitsrat nutzen, „um konkrete Maßnahmen zu erschließen, das VerhĂ€ltnis zwischen den Vereinten Nationen und regionalen Organisationen, insbesondere der Afrikanischen Union, bei der Erhaltung des internationalen Friedens zu stĂ€rken“ hieß es in einer Pressemitteilung des PrĂ€sidenten-BĂŒros. In noch deutlicherer Anlehnung an die VerĂ€rgerung der Afrikaner ĂŒber das Vorgehen der westlichen Veto-MĂ€chte Frankreich, Großbritannien und USA in der Libyen-Frage wolle SĂŒdafrika der Mitteilung zufolge „die KohĂ€renz zwischen der UN und der AU auf dem Feld der KonfliktprĂ€vention, -management und –lösung“ vergrĂ¶ĂŸern. Durch den Pakt mit Kuba hat die Regierung Zuma nun zusĂ€tzlich zu den Forderungen auch deutlich gemacht, dass sie sich ansonsten verstĂ€rkt andere BĂŒndnispartner suchen wird.

Erschienen am 12. Januar 2012 in junge Welt.