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Harte Linie gegen Malema

26. April 2012 – 10:21

Südafrikanischer ANC schließt Jugendliga-Präsident endgültig aus/ Inhaltliche Debatte unterdrückt

Julius Malema muss seine Mitgliedskarte des African National Congress (ANC) abgeben, das verkündete am Dienstagabend die Berufungskommission des Disziplinarkomitees der südafrikanischen Regierungspartei. Wirklich überraschend kam der Parteiausschluss des Jugendliga-Präsidenten nicht, zu mächtig schien zuletzt die Position des Staats- und Parteipräsidenten Jacob Zuma, den Malema öffentlich angegriffen hatte. Malemas einstige Unterstützer verstummten oder wandten sich gar gegen ihn, auch in der Jugendliga selbst offenbarten sich trotz einer trotzigen Pro-Malema-Resolution nach der vergangenen Vorstandssitzung vor zwei Wochen deutliche Risse. Der Unterstützung der Stillen und Unterworfenen kann sich Zuma bei seiner angestrebten Wiederwahl an der Parteispitze, die ihm aufgrund der unangefochtenen Dominanz des ANC fast sicher eine zweite Amtszeit als Staatspräsident garantieren würde, trotzdem nicht sicher sein. Selbst Malema könnte am Tag der Abstimmung im Dezember noch einmal zurückkehren.

Gleich nach dem ersten Urteil im November vergangenen Jahres, damals noch eine fünfjährige Suspendierung aus der Partei, kündigte Malema einen zähen Widerstand gegen das ihm feindlich gesonnene ANC-Führungslager an. „Wir müssen jetzt kämpfen“, verkündete er nach dem Richterspruch und fügte vielsagend hinzu: „Lasst dem Feind die Freude, aber dieser Sieg wird nicht halten. Wir werden durch Mangaung 2012 befreit werden.“ Mangaung ist die Metropole, in der im Dezember der ANC-Wahlparteitag stattfindet. In Mangaung feierte der ANC im Januar auch sein hundertjähriges Bestehen und Malema nutzte den Anlass, um Zuma bei eigenen Kundgebungen als „Duschmann“ lächerlich zu machen – eine Referenz an Zumas Bonmot gegen eine HIV-Ansteckung nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr heiß geduscht zu haben. In der Parteiführung brachte ihm das genau so wenige Freunde, wie der Vorwurf, Zuma habe Demokratie durch Diktatur ersetzt. An der Basis, besonders bei armen, arbeits- und perspektivlosen Jugendlichen hat der polarisierende Jugendführer allerdings nach wie vor viele Anhänger, die seine Parolen zu Landenteignungen und Minenverstaatlichungen auch ohne tatsächliches Programm wohlwollend aufnehmen.

Weiße Südafrikaner hassen Malema dafür. Die liberale Presse des Landes füttert ihre Klientel und veröffentlicht seit Wochen meist nur anonym belegte Enthüllungen über zurückgezogene Financiers, entlassene Hausangestellte, unbezahlte Gärtner und Steuerschulden. Doch dafür hat der ANC Malema nicht ausgeschlossen. Zum Verhängnis wurde ihm die scheinbar harmlose Aussage, dass Zumas Vorgänger Thabo Mbeki die afrikanische Agenda wesentlich stärker verfolgt habe als Zuma. Das war im Juli 2011, kurz nach Südafrikas Enthaltung im Sicherheitsrat gegen die verhängnisvolle Libyen-Resolution, die den Weg zur Bombardierung des nordafrikanischen Landes führte. Der zweite Anklagepunkt, in dem Malema schuldig gesprochen worden war, bezog sich auf seine Kritik an Botsuanas Präsident Ian Khama, den er wegen der Debatte um eine US-Militärbasis in dem Nachbarland Südafrikas als „Puppe“ des US-Imperialismus bezeichnete und ankündigte eine Task-Force für einen Regierungswechsel gründen zu wollen.

Dass der ANC dafür in Botsuana in Verruf geraten sei, wie Malema vorgeworfen wurde, wird der Parteiführung um Zuma, die ohnehin historisch kein besonders gutes Verhältnis zum während der Apartheid neutral agierenden Nachbarn hat, kein tatsächliches Ärgernis sein. Doch Zuma fürchtet die populistische Wirkung Malemas. Er hat wenig Gegenargumente, warum Südafrikas Bodenschätze weiter als Investorenfutter herhalten müssen, während die Kumpel, die sie aus der Erde holen nach wie vor getrennt von ihren Familien in ärmlichen und schlicht ungesunden Verhältnissen leben. Deswegen schließt er Malema, der mit seinem eng nationalen Programm zwar auch keine Lösungen aber dennoch viel Aufruhr liefert, nun aus. Die Spaltung der Partei, die dem Nachwuchspolitiker vorgeworfen wird, vertieft Zuma damit allerdings nur. In Mangaung könnte das deutlich werden, dann ist die ANC-Basis berechtigt, über eine Aufhebung von Malemas Parteiausschluss abzustimmen.

Erschienen am 26. April 2012 in junge Welt.