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Südafrikas Gewerkschaften kämpfen für Pressefreiheit

7. Dezember 2011 – 22:36

Neues Informationsschutz-Gesetz spaltet Regierungs-Allianz

Mit harscher Kritik und schwerwiegenden Drohungen hat der südafrikanische Gewerkschaftsbund COSATU in der vergangenen Woche auf die Verabschiedung eines neuen Gesetzes zum Schutz von Staats-Informationen reagiert. Der regierende ANC hatte seine absolute Mehrheit genutzt, um das Gesetz im Kapstädter Parlament zu verabschieden. Nun muss es noch die Länderkammer passieren und von Staatspräsident Jacob Zuma (ANC) unterschrieben werden. Tritt das Gesetz in Kraft, erhält das südafrikanische Ministerium für Staatssicherheit weitreichende Möglichkeiten, Staatsinformationen als geheim zu klassifizieren. Investigativen Journalisten und ihren Informanten drohen demnach künftig Haftstrafen zwischen fünf und 25 Jahren. Kritiker fürchten dramatische Einschnitte für die Pressefreiheit in Südafrika und eine Zunahme der Korruption.

„Wir glauben, dass die Zivilgesellschaft alles tun muss, um die Interessen der Arbeiterklasse und der Öffentlichkeit zu schützen“, begründete COSATU-Generalsekretär Zwelinzima Vavi die Protestankündigung der Gewerkschafter auf einer Veranstaltung der Journalistenvereinigung SANEF und der Informationsfreiheitsorganisation Right2Know (Recht auf Wissen). Der Gewerkschaftsbund plane demnach eine Aufklärungskampagne und einen nationalen Gipfel, um gegen das Gesetz zu mobilisieren. Sollte die Länderkammer trotzdem für das Gesetz stimmen, droht COSATU mit landesweiten Protestmärschen, tritt es in Kraft, kündigte Vavi sogar eine Klage vor dem Verfassungsgericht an. Hauptkritikpunkte sind die drakonischen Strafandrohungen und das Fehlen einer Klausel zur Öffentlichen Verteidigung, die Ausnahmefälle beispielsweise bei der Offenlegung von Korruptionsfällen straffrei ließe.

Trotz der inhaltlich schlüssigen Begründung ist die Position der Gewerkschafter ein totaler Affront gegen den ANC, mit dem COSATU in einer Regierungsallianz verbündet ist. Der Streit zwischen den beiden Organisationen hat fast schon Tradition, COSATU kritisiert den ANC seit den 90er Jahren für dessen neoliberale Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik. Im vergangenen Jahr hatte sich der Disput immer weiter zugespitzt, insbesondere Vavi warf der ANC-Führung dabei wiederholt Korruption und Verrat an den Armen des Landes vor. „Wir können die Folgen, die die wild wuchernde Korruption auf die sozialen Dienste hat, nicht ignorieren“, goss der Spitzen-Gewerkschafter nun erneut Öl ins Feuer. Wie weit der ANC sich inzwischen von COSATU entfernt hat, zeigt neben allen inhaltlichen Differenzen auch die Tatsache, dass eine öffentliche Reaktion der Partei ausblieb.

Dabei geht es nicht nur um Pressefreiheit und transparente Politik, das Gesetz ist vielmehr zur zentralen Waffe im Machtkampf innerhalb der Allianz und selbst innerhalb des ANCs geworden. So sieht es auch der Johannesburger Politikwissenschaftler und Sprecher der Right2Know-Kampagne, Dale McKinley: „Das Gesetz wurde entworfen, als der ANC in Grabenkämpfe verstrickt war, es würde der Fraktion, die gerade an der Macht ist – momentan ganz klar der Zuma-Flügel – erlauben, die Partei einseitig zu dominieren“. Der Kommunist McKinley, der im Jahr 2000 für seine öffentliche Kritik an der neoliberalen Agenda des ANC und der blinden Allianz-Treue seiner eigenen Partei aus der SACP ausgeschlossen wurde, weist insbesondere auf die enorme Macht des Zuma-nahen Staatssicherheitsministeriums hin, das nach dem neuen Gesetz ohne effektive Überprüfung auch anderen Ministerien die Erlaubnis zu Klassifizierung von Dokumenten erteilen kann. „Damit können sie verdecken, was sie wollen und veröffentlichen, was sie wollen“, so McKinley.

Auf die SACP kann sich der ANC dabei als treuen Bündnispartner in der Troika verlassen. Die Partei nannte das Gesetz „absolut essentiell für die Konsolidierung und das Aufblühen unserer Demokratie“. Schließlich, so die im Hinblick auf die Machtkämpfe um lukrative Geschäfte vielsagende Begründung, richte es sich im Kern gegen die unterschiedlichen Strömungen in den Geheimbehörden, die in „Palast-Politik und Rivalitäten um öffentliche Auftragsvergaben“ verwickelt seien.

Erschienen am 7. Dezember 2011 in junge Welt.