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Simbabwe macht Ernst

18. April 2012 – 10:30

ZANU-PF-Minister zwingen internationale Bergbaukonzerne zur Abgabe von Mehrheitsanteilen

Die Schlagzeilen der internationalen Presse gehörten vor dem 32. Unabhängigkeitstag am Mittwoch einmal mehr den Gesundheitsspekulationen um Präsident Robert Mugabe (ZANU-PF), der nach offiziellen Regierungsinformationen „topfit“ ist und lediglich auf einer privaten Asienreise seine Tochter besucht habe. In Simbabwe selbst ist derzeit ohnehin ein anderes Thema wesentlich brisanter: Der Mugabe-treue Teil der Einheitsregierung hat in den vergangenen Wochen den beiden weltgrößten Platin-Produzenten Zusagen für einen Verkauf ihrer Mehrheitsanteile abgerungen. Grundlage ist ein bereits seit 2010 bestehendes Gesetz, nach dem ausländische Unternehmen, mindestens 51 Prozent ihrer Operationen in Simbabwe an Einheimische übertragen müssen. Nachdem Schlüsselunternehmen das Gesetz lange ignoriert hatten, sorgte Saviour Kasukuwere, Minister für Jugendentwicklung, Indigenisierung und Ermächtigung, am Gründonnerstag mit der Ankündigung das fortan sämtliche Bergbaukonzerne, die der Vorschrift nicht nachgekommen seien zu 51 Prozent dem Staat gehörten, für ein unruhiges Osterfest in den Konzernzentralen.

Hintergrund des Gesetzes ist Simbabwes Bestreben, stärker an den von ausländischen Unternehmen geförderten, reichen Mineralvorkommen in seinem Boden teilzuhaben. Auch wenn Analysten den Schritt als Finanzbeschaffungsmaßnahme des Mugabe-Lagers vor den angestrebten Neuwahlen abwerten und Vertreter des pro-westlichen Koalitionspartners in der brüchigen Einheitsregierung umgehend eilige Bestandsversicherungen an Investoren ausgaben, zeigte das Vorpreschen Kasukuweres schnell Wirkung. Noch am Ostersonntag verkündete der Minister sein Entzücken über die Ankündigung des weltgrößten Platin-Produzenten Anglo American Platinum, wie vorgesehen 51 Prozent seiner Anteile in Simbabwe abzugeben.

Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass auch in den seit Monaten währenden Streit mit dem zu 87 Prozent vom südafrikanischen Platin-Riesen Impala Platinum dominierten Bergbaukonzern Zimplats, der nicht etwa in Harare oder Johannesburg, sondern in Australien registriert ist, wieder Bewegung kommt. Nachdem Zimplats-Konzernchef David Brown noch vor Jahresfrist gespottet hatte, das die im Gesetz vorgesehene Umverteilung „nicht passieren“ werde, veröffentlichte die Konzernleitung Mitte März nach Verhandlungen mit Kasukuweres Ministerium eine gemeinsame Mitteilung, nach der 51 Prozent ihrer Anteile ihrer Anteile „für einen angemessenen Wert“ abgegeben werden würden. Die Details des Transfers sind zwar noch nicht festgelegt, doch schon jetzt bahnt sich für Brown, der das Unternehmen Ende Juni verlassen wird, eine historische Niederlage an.

Der Spitzenmanager hatte seine simbabwischen Gegenüber mit einer arroganten, harten Verhandlungslinie gegen sich aufgebracht und sich damit offensichtlich verspekuliert. Im vergangenen Jahr hatte Zimplats noch versucht, dem simbabwischen Staat einen 36-Prozent-Anteil von einst zum symbolischen Preis von 1 US-Dollar geleasten Minen für 153 US-Dollar zu verkaufen. Auch jetzt liegt die Vermutung nahe, dass Brown mit Lippenbekenntnissen Druck vom Bergbau-Konzern zu nehmen versucht. Doch die Ungeduld der Simbabwer steigt, Kasukuweres erwog Anfang April sogar eine Enteignung ohne Entschädigung. „Fakt ist, das wir unsere Ressourcen zurücknehmen und wir müssen uns nicht auf Trivialitäten konzentrieren“, konterte der Minister Äußerungen Browns über den angeblich noch unterbewerteten Preis des Zimplats-Anteilpakets.

Der Fall könnte sich nun zu einem regionalen Wirtschaftskonflikt ausweiten, da Zimplats und sein südafrikanischer Mehrheitseigner Impala Platinum sich in ihren Verhandlungen auf ein Investitionsschutz-Abkommen zwischen Simbabwe und Südafrika stürzen, das die Regierung in Pretoria im vergangenen Jahr für „ihre“ Unternehmen durchgedrückt hatte. Simbabwe kann südafrikanische Konzerne danach nicht enteignen und müsste Zimplats teuer auskaufen – oder das Abkommen mit dem mächtigen Nachbarn im Süden neu verhandeln. Es ist zumindest fraglich, ob die ANC-Regierung dabei den Schutz ihrer gesamten Industrie in Simbabwe für einen in Australien gelisteten Konzern aufs Spiel setzen würde. Ein tatsächliches Einlenken nach dem 51-Prozent-Plan – ohne überteuerte Forderungen – scheint daher wahrscheinlicher.

Erschienen am 18. April 2012 in junge Welt.