Die Kuchenkapitulation einer revolutionären Partei
4. Mai 2012 – 11:34Ich könnte hier jetzt über die Nachricht von den drei Damen aus Simbabwe schreiben, die gestern durch die Gazetten geisterte. Den Ladys war vorgeworfen worden, Männer zu vergewaltigen, um deren Samen abgefüllt in Kondome zu gewinnen. Nach genetischen Tests wurden sie allerdings von den Vorwürfen frei gesprochen – an den 31 benutzten Verhüterlis, die die Polizei im Kofferraum gefunden hatte, waren keine DNA-Spuren der Opfer. Ob angesichts der Tatsache, dass die wahren Täterinnen nun immer noch freiläufig sind, ein massiver Männertourismus nach Simbabwe eingesetzt hat, ist mir allerdings nicht bekannt. Deswegen schließe ich dieses Thema hier ab, es ist mir auch viel zu klamaukbeladen und für Klamauk haben wir ja in Südafrika den ANC.
Die Mitnahme von Heißgetränken zu ANC-Events (hier Schlange zu sowas Ähnlichem: Präsidentschaftswahl 2009) ist auch zukünftig nur bedingt sinnvoll, Hoffnung auf begleitendes Gebäck besteht nicht.
Dessen Vorsitzende Baleka Mbete sorgte dem nahenden Anlass passend kurz vorm 1. Mai mit ihrer Auswertung der Feierlichkeiten zum 100. Geburtstag der einstigen Befreiungsbewegung und jetzigen Regierungspartei für ein beträchtliches Nachrichtenaufkommen. Der ANC-Geburtstag war zwar schon am 8. Januar und Mbete mit ihrem Report für nachrichtliche Zwecke eigentlich recht spät dran, doch die Erkenntnis der Feier, auf der Präsident Jacob Zuma noch mit für die verarmten Massen so bedeutungslosen Lippenbekenntnissen wie „Die wichtigste Aufgabe ist es, die demokratische Revolution zu beschleunigen“ langweilte, verblüfft vollends: „Es wurde vorgeschlagen, das auf zukünftigen 8.-Januar-Feiern das Essen von Kuchen privat gemacht werden sollte, da es nichts Gutes verheißt vor unseren Mitgliedern und Anhängern zu essen, während diese nicht essen“, ließ das Papier wissen.
Welch revolutionäre Erkenntnis! Gedanken an Brechts Resolution der Kommunarden, an Fensterscheiben und Brot kommen auf (hier sehr schön interpretiert zum Nachhören). Das geht natürlich nicht, dass Politiker sich ein großes Stück vom Kuchen nehmen, während die Habenichtse zuschauen. Das muss heimlich geschehen! In Zukunft will der ANC dem Report zu Folge bei seinen Feierlichkeiten zwar allen Ernstes eine Torte präsentieren, sie dann aber nicht öffentlich verzehren. ANC-Sprecher Jackson Mthembu wusste sogar zu berichten, dass die Partei über Alternativen nachdenke, beispielweise die Torte einem Waisenheim zu spenden. Potzblitz! Man müsse überlegen, wie man die Sache mit dem Kuchen weniger unsensibel gestalten könne, so Mthembu. Fast, so scheint es, hätte er öffentliches Kuchenessen mit dem neuen Modewort „un-ANC“ bedacht, eine Abwandlung des für Widerlichkeiten aller Art verwendeten Klassikers „unafrikanisch“, die Mthembu neulich für das Verhalten des in Ungnade gefallenen und nun suspendierten Jugendliga-Präsidenten Julius Malema gewählt hatte.
Soweit kam es freilich nicht, dennoch verblüfft die Kuchen-Saga. Ich hatte ja während der Live-Übertragung der Feierlichkeiten schon geschluckt (mein eigenes Bier), als der südafrikanische Vizepräsident Kgalema Motlanthe mit dem Spruch „Und diejenigen, die kein Champagner-Glas haben: Immerhin habt ihr Kameras in euren Händen“ zu „Solidarität“ und „Einigkeit“ mit der Führungsspitze anstieß. Das Saufen im Namen des Volkes wollen die Großkopferten allerdings nicht aufgeben, zumindest ließen sie derlei Pläne nicht verlauten. Soviel Änderungen auf einmal wären aber wahrscheinlich auch einfach zu revolutionär für den ANC.