Fick das System
14. März 2012 – 14:23Hat sich zufällig in jüngerer Vergangenheit mal jemand gefragt, was eigentlich aus der Opposition in Simbabwe geworden ist? Nein? Man hört ja auch nicht gerade viel und das liegt in der Regel nicht daran, dass dieser superbrutale Schurkenpräsident Robert Mugabe seine berüchtigten Kriegsveteranen, die eigentlich eher eine üble Schlägertruppe als tatsächliche Ex-Soldaten sind, auf alles hetzt, was sich irgendwie äußert. Gut, seine Polizei hat neulich eine Vorlesung des südafrikanischen Privatisierungsgegners Patrick Bond zu grünen Energien verboten, das ist nicht sonderlich demokratisch. Doch dafür wird Mugabe nicht kritisiert, grün angestrichene Linke zählen schließlich nicht viel, das Schicksal haben sie mit Mugabes nicht-weißen Landsleuten gemein, die er schon in den 80ern aus ethnisch-politischen Gründen systematisch hat verhungern lassen, als die Weißen noch lustige Bauernpartys in ihren Farmhäusern feierten.
Doch zurück in die Gegenwart, wo die Opposition theoretisch an der Macht beteiligt ist, sich aber hauptsächlich selbst im Weg steht. Wenig geholfen hat da auch die Spaltung in eine nach dem nicht sonderlich clever wirkenden Ex-Gewerkschafter und Freund des Westens Morgan Tsvangirai benannten MDC-T –Fraktion und eine MDC-X, benannt nach seinem internen Widersacher, der allerdings so unbedeutend ist, dass ich es mir spare, ihn nachzuschlagen. Mugabe steht nun vor dem ironischen Dilemma, dass er Wahlen abhalten möchte, ihm das aber als undemokratisch ausgelegt wird, obwohl es aus seiner Sicht doppelt Sinn macht, weil er nach den von Gewalt- und Betrugsvorwürfen überschatteten vergangenen Urnengängen ein ziemliches Legitimationsdefizit hat und der politische Gegner derzeit eben so herrlich zerstritten ist. Die Regierung der Nationalen Einheit blockiert sich außerdem permanent selbst, was der Entwicklung des Landes auch nicht unbedingt zuträglich ist.
Und dennoch hat sich Simbabwe – unbeachtet von meiner auf Krisen fixierten Berufsgruppe – langsam wieder aufgerappelt. Ich vernehme das unregelmäßig von Simbabwern, die zurückkehren wollen, die erzählen wie ihre Familien sich neue Existenzen im Land aufbauen oder wie erleichtert sie über das Ende der Inflation sind. Die wohl vielsagendste Szene war neulich ein Gespräch zwischen meinem ehemaligen Fußballtrainer, den ich in Walmer Township besucht hatte und einem Herrn in seinem Pick-up, der sich gerade auf den Weg zurück nach Simbabwe machen wollte. Die beiden kannten sich aus dem Township. „Es ist jetzt besser“, sagte der Simbabwer nur knapp über den Zustand in seiner Heimat, „und die Bildung für die Kinder ist auch besser.“ Das sind wohlgemerkt alles Exilanten und nicht irgendwelche regimetreuen Kader. Doch die Aussage hat noch eine zweite Dimension: Ich hatte den Tag über gerade über die Bildungskrise in Südafrika recherchiert, wo der Präsident alljährlich in seiner Rede an die Nation die Lehrer auffordert wenigstens sieben Stunden täglich zu arbeiten und pünktlich im Klassenzimmer zu sein. Er tut das, weil viele ganze Tage über gar nicht aufschlagen. Und die Lehrer tun das, weil die Arbeitsbedingungen katastrophal sind. Das arme Simbabwe scheint da den Wandel geschafft zu haben, für den das reiche Südafrika nicht einmal ein stichhaltiges Konzept hat. Vielleicht hört man auch deswegen so wenig von der dortigen Opposition, denn deren Berater waren auch seit jeher Südafrikas Berater und die predigen globale Marktorientierung und Privatschulen.
Neulich hat es aber doch mal wieder eine MDC-Politikerin international in die Medien geschafft. Priscilla Misihairabwi-Mushonga, Generalsekretärin der MDC-N (so heißen die also), forderte Männer der eher oppositionellen Ndebele-Minderheit auf, ihre Frauen mit einem Sex-Boykott zu belegen, wenn sie nicht durch den üblichen Tintenfleck auf dem Finger belegen können, bei der Wahl gewesen zu sein. Ein Termin steht zwar noch nicht fest, aber es ist doch beruhigend, dass wenigstens die Gegner dieses Wahlen fordernden Demokratiefeindes Mugabe das Konzept von freien Abstimmungen verstanden haben.