Tausend Köcherbäume, die Rückkehr des tapferen Pferdes und durstige Menschen am Wasserfall in der Wüste

5. Mai 2011 – 18:17

Tag 2 – 5: Keetmanshoop – Weite der Kalahari – Mariental

Eins vorweg: Internet ist in Namibia so eine Sache. Meine Berichte kommen deswegen häufig erst am nächsten Tag auf die Seite – oder eben gar nicht…

Am Sonntag konnte ich noch in vertrauter Hotel-Umgebung mit Blick auf mein kränkelndes, blaues VW-Pferd den günstigen Internetservice der namibischen Telecom in Anspruch nehmen – per prepaid code zum Spottpreis von 2,20 Euro pro 45 Minuten. Montag zog ich dann in die Pension um, die in Reiseführern und Foren gern für das beste Frühstück Namibias geadelt wird. Der Herr des Hauses findet das aber gar nicht so großartig und stellte sein Licht mit dem Satz „I’m a farmer!“ doch gehörig unter den Scheffel. Das sollte ich aber freilich erst am Montagmorgen schmecken. Den Tag davor verbrachte ich dann tatsächlich doch noch inmitten bizarrer Felsformationen und unzähliger Köcherbäume, die sich wie Tintenfischarme in den Himmel ranken. Zu danken habe ich dafür der Hotel-Besitzerin, die mir mal eben ihren Jeep überließ, um meiner Arbeit nachzukommen. Hatte ich schon erwähnt, wie freundlich die Menschen in Namibia sind? Selbst die Fossilien bekam ich zu Gesicht und ich muss zu meinem Erstaunen feststellen, dass das endlich mal ein klarer Fall war und nicht Abdrücke der Marke „mit viel Fantasie sieht man hier…“. Die Trockenheit der Kalahari ist schon was Feines – und sie hat auch auf den älteren Farmer abgefärbt, auf dessen Land die Fossilien liegen. Er habe in den letzten drei Jahren deutsch gelernt, um den Touristen gerecht zu werden, aber das sei nicht so einfach, oder wörtlich und auf Deutsch: „Wir sagen, es ist schwer, ein Stachelstein von hinten zu beißen“. Dem ist nichts hinzuzufügen.

 

Dem Kugellager zwischen Schaltbox und Radaufhängungsarm meines Wagens waren allerdings die Hälfte der Kugeln hinzuzufügen – und praktischerweise hat der Mechaniker die zergrätschte Hülle auch gleich ausgewechselt. Dass es dazu überhaupt kam, verdanke ich übrigens makabrer Weise dem Unfallpech eines Polo-Fahrers. Aus einem völlig verformten Wrack, das auf dem Hof/Schrottplatz der Werkstand dahinrottete, hat der kauzige Schrauber – unter permanenten, nicht-jugendfreien Schimpftiraden auf seine Lehrlinge – tatsächlich noch etwas Brauchbares fischen können. Sein schnauzbärtiger Ausbeuter, etwas heller in der Pigmentierung, wesentlich seltener mit verschmierten Händen aber dafür immer mit hochgezogenen Tennissocken und circa zehn Zentimeter kurzen Jeanshosen sehen, hat mir dann noch eine gesalzene Rechnung präsentiert und schon konnte die Reise weitergehen.

Sie endete an diesem Dienstag dann allerdings etwas eher als geplant. Als ich mitten in der Wüste ein Schild mit der Aufschrift „Waterval“ sah, musste ich diesem Pfad natürlich folgen. Als ich dann die Fische in jenem Wasserfall springen sah, kam mir der Gedanke doch am nächsten Häuschen mal anzufragen, ob ich mein Zelt nicht dort errichten könnte. Der Abend endete bei ein paar Bier und der Debatte darum, warum die Farm-Arbeiter a) ihren Monatslohn sofort versaufen müssen und b) das nicht wenigstens mit weniger lautstarken Streitigkeiten über die Bühne bringen. Eigentlich war es ein sehr trauriges Gespräch, denn der Mensch, der die Farm betreibt, ein Coloured aus Windhoek würde an diesem traumhaft schönen Ort – ein Wasserfall in der Wüste und ein für Stadtkinder unvorstellbarer Sternenhimmel – gern zusammen mit den Angestellten etwas Tourismus aufbauen. Aber die stecken dermaßen tief in der Schleife aus scheinbarer Perspektivlosigkeit und Alkoholismus fest, dass sie lediglich von Zahltag zu Zahltag denken und sich dann hemmungslos abschießen. Achso, zum Abendessen gab es übrigens Rippchen von einer frisch geschlachteten Ziege – wer will da schon Fisch essen…

Heute habe ich den Fish River, kurz unterhalb des Wasserfalls dann noch schwimmend durchquert und anschließend einen alten Vulkan-Krater erklommen. Es kommen also bereits ein paar Geheimtipps für den Reiseführer zusammen und die Arbeit lässt sich bisher so auch gerade noch aushalten. Morgen erkunde ich dann noch den Stausee zu meinen Füßen, kann mich hoffentlich ins namibische Institut für Süßwasserfische einschleichen, das hier gleich nebenan ist und dann triumphal in Windhoek einziehen. Dort dürfte dann auch dieses Machwerk seinen Weg ins Weltnetz finden.

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