Geburtstag im Zeichen des Machtkampfes
11. April 2012 – 10:00Vom Freiheitskämpfer zum autoritären Parteiführer: Südafrikas Präsident Jacob Zuma wird 70
Wenn Südafrikas Präsident Jacob Zuma am morgigen Donnerstag seinen 70. Geburtstag feiert, darf er auf ein besonderes Geschenk der Disziplinarkommission seiner Partei, dem African National Congress (ANC), hoffen. Die entscheidet am gleichen Tag als letzte Parteiinstanz über den Berufungsantrag des suspendierten ANC-Jugendliga-Präsidenten Julius Malema. Der radikale Jung-Politiker hatte Südafrikas Regierung mit einer offenen Aufforderung zum Regierungsumsturz im Nachbarland Botsuana in diplomatische Schwierigkeiten gebracht, einen Machtwechsel in der eigenen Partei gefordert, Zuma zuletzt sogar persönlich lächerlich gemacht und ihm zudem vorgeworfen „Demokratie durch Diktatur ersetzt“ zu haben. Das ist überzogen, doch Zumas Regierungsstil und Machtsicherungsstrategien in parteiinternen Grabenkämpfen werden in der Tat immer autoritärer. Der Lenker der größten Volkswirtschaft Afrikas agiert wie ein Parteisoldat, der es an die Spitze geschafft hat.
Zumas Image bei seinen Anhängern ist das komplette Gegenteil. Da ist der singende Politiker, der mit festem Stolz auf seine Zulu-Kultur der verdutzten Weltöffentlichkeit seine vier Ehefrauen und zwanzig Kinder vorstellt. Auch wenn die Polygamie inzwischen auch bei wohlhabenden Zulus kaum noch modern ist: Die einst unterdrückten Massen finden sich wieder in dem Mann, der offen und ohne Scham damit umgeht, als Hirtenjunge keine formale Schulbildung erhalten zu haben, der aber trotzdem seinen Weg gegangen ist. Ehemalige Mitarbeiter loben Zumas freundliche, offene Art, doch der heutige Staats- und Parteipräsident ist nicht nur der nette Onkel von nebenan. Zwei Jahre nachdem Zuma 1959 dem ANC beitrat, verbot die rassistische, weiße Minderheitsregierung die Partei, Zuma schloss sich ihrem bewaffneten Arm, Umkhonto we Sizwe, an. 1963 fand er sich neben Nelson Mandela inhaftiert auf Robben Island wieder. Nach der Entlassung baute er die Untergrundstrukturen des ANC mit auf, avancierte dort zum Chef und rückte ins Exekutivkomitee der Partei vor. Den eigenen politischen Aufstieg – und damit auch seinen Anteil an der Befreiung Südafrikas – bezahlte Zuma neben seiner Haft mit jahrzehntelangen Exil-Aufenthalten.
In den vergangenen Jahren stand er dennoch wieder vor Gericht. Zunächst erwehrte er sich 2005 mitten im Machtkampf mit dem damaligen ANC- und Staatspräsidenten Thabo Mbeki eines von Verschwörungstheorien umwitterten Vergewaltigungsvorwurfs. Trotz des Freispruchs blieb Zumas Aussage, durch heißes Duschen einer HIV-Infektion vorgebeugt zu haben, bis heute an ihm hängen. Politisch noch brisanter sind die Korruptionsvorwürfe in Zusammenhang mit dem bisher größten Waffengeschäft des demokratischen Südafrikas. Zumas Finanzberater wurde in dem Fall zu einer 15-jährigen Haftstrafe verurteilt, der Fall gegen ihn selbst allerdings kurz vor seiner Vereidigung zum Staatspräsidenten 2009 wegen Verfahrensfehlern und geheimnisvollen Telefonmitschnitten fallengelassen. Die Opposition kämpft seitdem für die Veröffentlichung der angeblich entlastenden Ton-Dokumente, doch Zuma wehrt sich heftig, seine Anwälte argumentierten jüngst sinngemäß, dass das Material nicht nur den Präsidenten sondern den gesamten Staat bloßstellen würde und deswegen unter Verschluss zu halten sei.
Zu den Skandalen kommt Zumas Tendenz, Schlüsselpositionen in Politik und neuerdings auch Justiz mit Vertrauten zu besetzen, sowie ein Gesetz zum Schutz von Staatsinformationen, das Journalisten mit langen Haftstrafen bedroht und dem Zuma nahestehenden Staatssicherheits-Ministerium umfangreiche Befugnisse bei der Klassifizierung von Dokumenten aller staatlichen Einrichtungen gibt. Zuma geht so nicht nur gegen kritische Presse sondern gleichzeitig gegen interne Herausforderer im immer intensiver werdenden Machtkampf vor den ANC-Präsidentenwahlen im Dezember vor. Dass diese Flügelschlachten die einstige Befreiungsbewegung des ANC immer weiter spalten und nun sogar seinen eigenen Geburtstag überschatten, daran trägt Zuma mit seinem Regierungsstil letztlich selbst Mitschuld.
Erschienen am 11. April 2012 im Weser Kurier.