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Simbabwe soll wählen

5. November 2012 – 06:48

Kommission kommt Einigung über neue Verfassung näher/ Mugabe kündigt Urnengang im März 2013 an

„Unser Hauptziel bleibt, die nächsten Wahlen im März 2013 unter einer neuen Verfassung abzuhalten“, ließ Simbabwes Präsident Robert Mugabe das Parlament des Landes in der vergangenen Woche wissen. Besonders die explizite Erwähnung des neuen Gesetzrahmens sorgte bei Analysten und Parlamentariern gleichermaßen für hochgezogene Augenbrauen. Bisher hatte Mugabe stets angekündigt, notfalls auch auf Basis des alten Unabhängigkeitsvertrags abstimmen zu lassen, der seit seiner Unterzeichnung 1979 als Grundgesetz dient. Simbabwes Verfassungsgebungsprozess dauert seit 2009 an, dem Jahr in dem Mugabe mit Oppositionsführer Morgan Tsvangirai eine Regierung der nationalen Einheit bildete. Es entwickelte sich ein endloses Zerren und Feilschen der beiden verfeindeten Regierungspartner, garniert mit einer Farce aus hunderten regierungsgesteuerten Anhörungen der Bevölkerung. Den etwas überraschenden Durchbruch brachte nun die zweite Konferenz des mit der Verfassungsbildung betrauten Parlamentskomitees COPAC, dem neben den Regierungspartnern auch Kirchen und zivilrechtliche Organisationen angehören.

„Das wichtigste Ergebnis dieser Konferenz ist, dass die Teilnehmer den Entwurf akzeptiert haben“, zeigte sich Douglas Mwonzora, einer der Komitee-Vorsitzenden und Sprecher der MDC-T des Premierministers Tsvangirai zuversichtlich. Es habe Versuche gegeben, den Entwurf zu verbessern, aber „sicherlich keine Ablehnung“. Dennoch bleibt die Harmonie brüchig, über wichtige Streitpunkte der Dezentralisierung, wie die Frage ob der Präsident Provinzgouverneure ernennt oder diese gewählt werden, gibt es nach wie vor keine Einigung. Das seien aber alte, bekannte Differenzen, immerhin habe es keine neuen Konfliktpunkte gegeben, beschwichtigt Mwonzora. Mehr Kopfzerbrechen dürfte den COPAC-Mitgliedern da schon der kolportierte Versuch Mugabes bereiten, die finale Verfassung künftig mit den MDC-Führern allein auszuhandeln. Am Freitag sorgte zudem die noch unbestätigte Nachricht, Mugabe wolle dazu den Generalstaatsanwalt und den Obersten Richter des Landes in den Verfassungsprozess einbeziehen, für Unruhe.

Der Trend ist klar: Der Präsident, derzeit mit umfangreichen Machtbefugnissen ausgestattet, will seinen starken Einfluss nicht aufgeben – und er scheint auch seinen Parteidelegierten innerhalb des Verfassungskomitees nicht mehr zu trauen, weil ZANU-PF selbst in sich gespalten ist. Der Kampf um die Mugabe-Nachfolge ist auch parteiintern längst entbrannt, nicht zuletzt deshalb drängt das 88-Jährige Staatsoberhaupt auf rasche Neuwahlen. Will Mugabe seine Unterstützer in der Staatengemeinschaft des südlichen Afrika (SADC) und vor allem deren Chefvermittler für Simbabwe, Südafrikas Präsident Jacob Zuma, nicht verprellen, braucht er dazu zunächst die neue Verfassung. Das erklärt die jüngste Harmonie. Ein Zeichen für ein baldiges Ende des zähen Einigungsprozesses kam in der vergangenen Woche zudem vom Internationalen Währungsfonds (IWF) aus Washington. Die Bretton-Woods-Institution gab bekannt, ihre Restriktionen gegen Simbabwe zu lockern, um wieder Berater-Beziehungen aufnehmen zu können – und sich so in die entscheidende Phase des Verteilungskampfes um Simbabwe einzumischen.

Von einer denkbar schlechten Position startet dabei Mugabes politischer Hauptgegner Tsvangirai. Gerade erst brachte er einen langen Scheidungskrieg hinter sich, angeblich durch eine Abstandszahlung von umgerechnet 200.000 Euro an seine Ex-Frau – Geld über dessen Herkunft sich die Simbabwer bei seinem offiziellen Monatseinkommen von 3.000 Euro nun wundern. Tsvangirais MDC-Flügel, die weitaus stärkere Partei in der zersplitterten Opposition, ist einer US-amerikanischen Wahlumfrage von 38 auf 20 Prozent der Wählergunst gefallen. Mugabes ZANU-PF habe dagegen von 12 auf 31 Prozent zugelegt. Und auch wenn die Zahlen schwer überprüfbar sind, startete Finanzminister Tendai Biti (MDC-T) wohl auch deshalb kürzlich den hilflosen Versuch, die Wahlen erneut zu verschieben. Das Budget für den Urnengang sei schlicht nicht da, so Biti. Seine Erfolgsaussichten sind gering, die Zeit der Verzögerungsspielchen scheint vorbei.

Erschienen am 5. November 2012 in junge Welt.