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Zuma macht ernst bei der Arbeitsplatzschaffung

12. Februar 2011 – 14:13

Südafrikas Präsident stellt zur Parlamentseröffnung milliardenschweres Investitionsprogramm vor

Mit Frederik de Klerk, Thabo Mbeki und Kgalema Motlanthe waren gleich drei ehemalige südafrikanische Präsidenten im Saal, als ihr Nachfolger Jacob Zuma mit seiner Rede zur Lage der Nation am Donnerstagabend in Kapstadt das Parlamentsjahr 2011 eröffnete. Doch im Mittelpunkt stand zunächst einer, der nicht da war: Nelson Mandela. Zuma erinnerte an die Freilassung des Vaters der Nation aus 27-jähriger politischer Haft, die sich am gestrigen Freitag zum 21. Mal jährte. Welchen enormen Stellenwert Mandela für die Südafrikaner noch immer hat, zeigte sich erst vor zwei Wochen als der 92-Jährige mit einer akuten Atemwegsinfektion in ein Johannesburger Krankenhaus eingeliefert worden und das ganze Land die Luft anhielt.

Zuma wünschte dem inzwischen aus der Klinik entlassenen Nationalhelden weiterhin schnelle Genesung und stellte anschließend gleich das Programm vor, dass das Land vom Hauptproblem, der enormen Arbeitslosigkeit, kurieren soll. Umgerechnet vier Milliarden Euro will die ANC-Regierung in den nächsten fünf Jahren in die Schaffung neuer Arbeitsplätze investieren. Die Vertreter der Kommunistischen Partei Südafrikas (SACP) und des Gewerkschaftsbundes COSATU, die mit dem ANC eine Regierungsallianz bilden, zeigten sich erfreut. Die SACP sprach in ihrem Statement ob der enormen finanziellen Versprechungen gar von einem Paradigmenwechsel in der südafrikanischen Politik und selbst die Opposition schien überascht.

Zuma macht die Arbeitsplatzschaffung – wenn auch freilich in Sozialpartnerschaft mit den Unternehmen – zur direkten Aufgabe des Staates und anders als ihre Vorgänger traut sich seine Regierung dazu auch massiv zu investieren. Der ANC rückt programmatisch nach links, erhöht erneut die Staatsausgaben um die soziale Ungleichheit im Land zu bekämpfen und kündigt sogar in der wichtigen Bergbau-Industrie gravierende Veränderungen an. „Der Mineralien-Reichtum unseres Landes ist ein nationales Vermögen und ein gemeinsames Erbe, das allen Südafrikanern gehört, mit dem Staat als Hüter“, so Zuma, dessen Regierung Forderungen nach Verstaatlichungen in der Bergbau-Industrie zuletzt immer zurückgewiesen hatte. Wahrscheinlich ist daher ein Kooperationsmodell nach botsuanischem Vorbild in dem der Staat verstärkt von seinen Bodenschätzen profitiert, den Konzernen aber das operative Geschäft überlässt.

Zuma will, dass sowohl die natürlichen Ressourcen als auch der Wirtschaftsaufschwung der Bevölkerung dienen. Die offizielle Arbeitslosenquote ist zwar zuletzt um 1,3 Prozentpunkte gefallen, dennoch ist nach wie vor knapp jeder vierte Südafrikaner arbeitslos. Rechnet man die, die die Suche bereits aufgegeben haben hinzu, sind es sogar fast 40 Prozent. Die Zahl derer, die unter der Armutsgrenze leben ist sogar noch höher, weil die Löhne oft minimal sind. Es geht daher nicht um Wachstum um jeden Preis. „Anständige Arbeit“ fordert Zuma und COSATU-Generalsekretär Zwelinzima Vavi warnt sogleich, dass die Schaffung neuer Jobs nicht zu Lasten der Arbeiterrechte gehen dürfe. Es geht um Nachhaltigkeit – also genau jene Eigenschaft, die die kurzfristigen Projektinvestitionen zur Fußball-WM nicht gebracht haben.

2011 baut Südafrika keine Stadien mehr, Zuma kündigt stattdessen an, mehr Krankenschwestern und Ärzte ausbilden zu wollen und die Universitäten auch für Kinder aus armen Familien zugänglicher zu machen. Das sind die Versprechungen. Für die Visionen seiner Landsleute bedient er sich abschließend noch einmal bei Mandela und dessen Vereidigungsrede von 1994: „Lass Arbeit, Brot, Wasser und Salz für alle da sein. Lass alle wissen, dass unser aller Körper, Verstand und Seelen befreit wurden, um sich selbst zu verwirklichen.“ Damit die Vision kein Traum bleibt, will der ANC nun investieren.

Erschienen am 12.2.2011 im Weser Kurier.