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Südafrikas “wunderbarer Ort”: Der Isimangaliso Wetland Park

31. Mai 2011 – 08:13

Nelson Mandela bewundert den Isimangaliso Wetland Park für seine Elefanten, Nashörner, Quastenflosser und Wale. Die UNESCO hat das Sumpf-Schutzgebiet im östlichsten Zipfel Südafrikas allerdings aufgrund viel kleinerer Bewohner zum Welterbe erklärt. Der berühmteste Vertreter ist ein Zwerg-Chamäleon. Gemeinsam mit Nilpferden und Krokodilen lockt der nur zehn Zentimeter lange Winzling immer mehr Gäste in den fünf Ökosysteme umfassenden Park.

Abrupt stoppt Kian Barker seinem zum Safari-Wagen umgebauten Unimog. Der Botaniker und Zoologe hält eine der zwei Konzessionen für nächtliche Safaris durch das mit 332 000 Hektar drittgrößte Schutzgebiet Südafrikas. Doch noch hat er das rund um die Uhr bewachte Tor zum Park gar nicht erreicht. Zwerg-Chamäleons halten sich nicht an Zäune. Nachts glänzen die meist bräunlich gefärbten Tiere silbrig im Lichtkegel der Scheinwerfer und sind so gut auszumachen – zumindest für das geschulte eines Park-Führers.

Während der Zwerg verschlafen über die Hände der staunenden Besucher klettert, erklärt der Guide die Hintergründe. Die Besucher lernen, dass Zwerg-Chamäleons sich auf dünnen Zweigenden vor schwereren Fressfeinden verstecken, aber auch, dass es die endemische Art ohne die UNESCO wahrscheinlich gar nicht mehr geben würde. Bevor das damals noch St. Lucia Wetlands Park genannte Schutzgebiet 1999 zu Südafrikas erster Welterbe-Stätte erklärt wurde, drohten seine bewaldeten Dünen der Titan-Gewinnung zum Opfer zu fallen. Das fragile Ökosystem am Indischen Ozean wäre für immer zerstört worden. Nach der Bedeutung des Status Welterbe für den Park gefragt, muss Barker daher nicht lange überlegen: „Er hat den Tagebau verhindert.“

Doch das war nur der Anfang. Für sein kleines Touristik-Unternehmen hatte die Ernennung ebenfalls positive Folgen. Das Gesicht des einstigen Apartheid-Ferienortes St. Lucia, der einzigen größeren Siedlung, die der Park wie eine Enklave umschließt, hat sich drastisch verändert. Fünfmal so viele ausländische Gäste wie zuvor habe St. Lucia inzwischen, der Anteil der naturinteressierten Touristen sei von fünf bis zehn auf 90 Prozent gestiegen, schätzt Barker. Wo einst in den Ferien fast ausschließlich weiße Südafrikaner auf dem Weg zu Angel- und Grillplätzen mit ihren Geländewagen den Strand umpflügten, schnorcheln heute Gäste aus aller Welt zum südlichsten Korallenriff Afrikas. 1225 Fischarten gäbe es dort, erzählt Barker mit der Vertrauenswürdigkeit eines Lexikons – mehr als am Great Barrier Reef in Australien. „Wir mögen sie im Rugby und Kricket nicht immer schlagen, aber hier schaffen wir es“, fügt er mit dem zuletzt etwas gebeutelten Stolz eines Südafrikaners hinzu.

Wer die ganze Pracht des Fischreichtums sehen will, muss aber weiter in den Norden des Parks fahren. Sodwana Bay heißt das Mekka der südafrikanischen Tauch-Szene. Hier werden in unregelmäßigen Abständen sogar die einst ausgestorben geglaubten Quastenflosser gesichtet. In Kosi Bay schließlich, im nördlichsten Zipfel Isimangalisos, kurz vor der mosambikanischen Grenze, landen die Fische gar auf den Teller. Männer vom Volk der Tonga fischen hier seit über 700 Jahren mit Speeren Tigerfische, Schnapper und Meerbrassen aus traditionellen Schilf-Reusen in den Brackwasser-Seen. Die Frauen verkaufen den Fang anschließend mit Palmblättern abgedeckt auf dem Marktplatz.

Die Tonga sind die einzigen Menschen, die den Park weiterhin ihr Zuhause nennen. Ansonsten darf sich die Natur schrittweise zurückholen, was ihr seit jeher gehörte. Besonders eindrucksvoll geschieht das in der südlichen Parkhälfte bei St. Lucia. Britische Siedler hatten sich hier zu Beginn des 20. Jahrhunderts erfolglos in der Rinderzucht versucht und nahezu sämtliche größeren heimischen Tierarten ausgerottet, ehe Seuchen ihr Vieh dahin rafften. Die Apartheid-Regierung ließ schließlich 1,2 Millionen Kiefern anpflanzen und entzog dem Sumpfsystem das Wasser zum Leben. Als die Parkverwaltung vor einigen Jahren die durstigen Bäume fällen ließ, stieg der Wasserspiegel rasant – so schnell, dass der wissenschaftliche Versuch, die Veränderung zu messen, buchstäblich ins Wasser fiel. Heute hat das weltgrößte System von Gezeitenseen wieder die stärkste Krokodil- und Nilpferdpopulation in ganz Afrika. Elefanten, Büffel, Zebras, Wasserböcke und Kudu-Antilopen sind längst wieder heimisch geworden, hin und wieder bekommen Besucher auch Nashörner und Leoparden zu sehen. Auf den Überflutungstümpeln, die innerhalb von Wochen zurückkamen und Teile des Graslandes in sumpfige Schilfgebiete verwandelten, wachsen die Wasserlilien. Regierungsblumen nennt Barker sie – weil sie ihre Blüten morgens um 9 Uhr öffnen und um 3 Uhr nachmittags wieder schließen. Die Lacher hat der Guide so auf seiner Seite, doch ernsthafte Kritik steckt nicht hinter dem Scherz.

Denn mit der Entscheidung für den Naturschutz und gegen die schnellen Arbeitsplätze in der Titan-Gewinnung haben Südafrikas Regierende Weitsicht bewiesen. Von den Korallenriffen über die Sanddünen, die Brackwasserseen, das Grasland und die anschließende Savanne wurde nicht nur eine Vielfalt an Ökosystemen geschützt, sondern auch ein Reiseziel geschaffen, dass internationale Touristen nach und nach für sich entdecken. Auf der südafrikanischen Reiselandkarte entwickelt sich so zwischen Krüger-Nationalpark, Garden Route und Kapstadt langsam aber stetig ein weiterer Pflichthalt. Den Grund gibt schon die Übersetzung des Parknamens preis. Isimangaliso ist Zulu und bedeutet „wunderbarer Ort“. Oder um es mit Nelson Mandela zu sagen: „Isimangaliso muss wohl der einzige Ort auf der Welt sein, an dem das älteste und das größte Landsäugetier, ein Ökosystem mit dem ältesten Fisch und dem größten Meeressäuger der Welt teilen.“

 

REISEZEIT: Die beste Reisezeit für den Isimangaliso Wetland Park ist der südafrikanische Winter von April bis Oktober. Besonders interessant, wenn ab Juni die Wale vor der Küste auftauchen. Die Sommer sind drückend heiß, genau dann – im Januar und Februar – legen allerdings die eindrucksvollen, bis zu einer Tonne schweren Lederschildkröten ihre Eier in den Sand.

WÄHRUNG: 1 Euro entspricht derzeit rund 9,80 Rand (Stand: April 2011).

KOSTEN: Rund um den Park gibt es eine Vielzahl größtenteils kleiner, familiär betriebener Pensionen, in denen Doppelzimmer ab 50 Euro zu haben sind. Luxuriösere Lodges verlangen entsprechend mehr, für Budget-Reisende bieten sich die Backpacker-Unterkünfte an, wo es Doppelzimmer ab 25 Euro gibt. Auf den Camping-Plätzen im Park stehen einige rustikale Hütten und Bungalows zur Verfügung.

SICHERHEIT: Obwohl für den Ort St. Lucia selbst seit zehn Jahren keine Malaria-Infektion nachgewiesen ist, empfiehlt sich eine Prophylaxe, zumindest aber Mückenschutz und lange Kleidung. Das Baden in den meisten Seen ist wegen der Gefahr durch Krokodile und Nilpferde untersagt.

TOUREN: Shakabarker Tours, 43 Hornbill Street, St. Lucia, 3936, South Africa, Tel: +27/(0)35 590 1162, www.shakabarker.co.za

INFORMATIONEN: South African Tourism, Friedensstraße 6-10, 60311 Frankfurt am Main (Tel.: 069 / 92 91 29 0, www.dein-suedafrika.de)

 

Veröffentlicht am 31. Mai 2011 bei dpa.