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Blendende Aussichten

29. November 2012 – 06:53

Simbabwe profitiert stärker von seinen Bodenschätzen, doch die Staatskasse bleibt leer

Eine Verneunfachung der Kohle-Produktion, eine 500-prozentige Steigerung der Gold-Förderung und Zuwächse um 72 Prozent im Diamantenbergbau sowie 50 Prozent bei Platin – Simbabwes Finanzminister Tendai Biti zeichnete in seiner Budgetrede zuletzt ein schier rosiges Bild vom Rohstoffpotential seines Landes. Die Zahlen stammen aus einer Studie der Weltbank und untermauern eindrucksvoll den beginnenden Aufschwung in Simbabwes Bergbauindustrie. Das Hauptaugenmerk der Regierung liegt dabei auf der bereits relativ gut entwickelten Diamanten- und Platinförderung, zwei Branchen, in denen sie selbst immer stärker involviert ist. Mit staatlichen Investment-Firmen und einem Indigenisierungsgesetz, das eine simbabwische Mehrheits-Beteiligung an Bergbauunternehmen vorschreibt, will das Land künftig stärker vom eigenen Rohstoffreichtum profitieren.

Den größten Durchbruch verschaffte der Regierung von Präsident Robert Mugabe (ZANU-PF) ausgerechnet der weltweit größte Platin-Produzent Anglo American Platinum (Amplats). Als erster großer Bergbau-Investor verkaufte der Konzern zunächst Anfang November zähneknirschend 51 Prozent seiner Unki-Mine an simbabwische Teilhaber. Die Konditionen waren dabei durchaus ungünstig für den Branchen-Riesen: Analysten schätzen den Verkaufspreis weit unter Marktwert ein, zudem fließt kein tatsächliches Kapital an Amplats, weil die neuen Besitzer – zehn Prozent der Mine gehören nun den dort beschäftigten Arbeitern, zehn Prozent einem Trust der Gemeinschaft, weitere zehn Prozent unbekannten lokalen Investoren und die restlichen 21 Prozent dem staatlichen Indigenisierungsfonds – ihre Beteiligungen nur langfristig über auszuschüttende Dividenden aus dem Minen-Betrieb abbezahlen. Es verwundert kaum, dass Unternehmer und deren Lobbyisten deshalb vor ausbleibenden Investitionen warnten.

Doch die Schwarzmalerei ist bereits widerlegt und wieder ist Amplats federführend beteiligt. 400 Millionen US-Dollar (310 Millionen Euro) will das Unternehmen in die Erschließung einer weiteren Platinmine investieren, wie Amplats Finanzgeschäftsführer für Simbabwe, Colin Chibafa vor zwei Wochen durchblicken ließ. „Schwer zu verstehen“ findet das die Financial Times, doch offensichtlich sind die Gewinnaussichten in Simbabwe hoch genug, um das Geschäft noch immer profitabel zu machen. Eine gewichtige Rolle dürften dabei auch die monatelangen Streiks im südafrikanischen Bergbau spielen, die Amplats heftige Förderverluste einbrachten. Die beiden Länder haben gemeinsam knapp 90 Prozent der globalen Platin-Reserven, doch Simbabwe verspricht niedrigere Lohnkosten und mit dem Wiedererstarken der autoritären Regierung Mugabes – und deren Teilhabe an den Profiten – vor allem mehr Sicherheit vor Arbeitskämpfen.

Hinzu kommt der Aufschwung im Diamantenhandel. Ohne dass Simbabwe den Transparenz-Forderungen des Kimberley-Prozesses, der nahezu weltweit die Produktionsbedingungen der Edelsteine überwacht, nachgekommen war, erlaubte die Organisation im November 2011 die Wiederaufnahme des Diamanten-Exports. Südafrikas Bergbauministerin Susan Shabangu ließ darüber hinaus neulich wenig Zweifel daran, noch bestehende Sanktionen gegen simbabwische Diamanten abzubauen, sobald ihr Land den Vorsitz der Organisation Anfang 2013 übernimmt. Südafrikanische Investoren halten 50 Prozent einer der beiden großen  Diamanten-Operationen im äußerst profitablen Fördergebiet Marange.

Simbabwe profitiert von den neuen Möglichkeiten und gesteigerten internationalen Gewinn-Interessen, doch es bleibt die Frage, wie sehr der Aufschwung bei der Bevölkerung ankommt. „Die Diamanten-Produktion darf nicht von einer räuberischen Elite beherrscht werden, die in Kollaboration mit Minen-Unternehmen für ihren eigenen Profit wirtschaftet“, warnte kürzlich der ehemalige südafrikanische Präsident Thabo Mbeki. Finanzminister Biti bestätigt die Ängste. Lediglich ein Viertel der kalkulierten Einnahmen aus dem Diamantenabbau habe die Staatskasse im vergangenen Jahr tatsächlich erhalten, beklagte der MDC-T-Politiker. Dem Koalitionspartner ZANU-PF warf er vor, aus den Diamantenverkäufen den im kommenden Jahr anstehenden Wahlkampf zu finanzieren.

Erschienen am 29. November in junge Welt.