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Südafrika lässt Wal-Mart zappeln

25. März 2011 – 01:20

Verhandlungen um Markteintritt ins Stocken geraten/ Gewerkschaften kämpferisch

Bitterböse beschwerte sich Grant Pattison am vergangenen Mittwoch über die langsamen Mühlen des südafrikanischen Industrie- und Handelsministeriums. Pattison ist Vorstandschef von Massmart, einer südafrikanischen Discounter-Kette mit Märkten in insgesamt 15 afrikanischen Ländern. Seine Kette will er zu 51 Prozent an den US-Branchenriesen Wal-Mart verkaufen, was ihm persönlich umgerechnet 5,5 bis 6,5 Millionen Euro einbringen würde – und Wal-Mart den Einstieg in die wachsenden Märkte Afrikas. Doch der Deal ist ins Stocken geraten.

„Innerhalb von zwei Tagen“, so Pattison, habe sein Konzern dem Ministerium bereits im Februar zusätzlich verlangte Informationen zukommen lassen und seitdem hätte man keine Antwort bekommen. Am Dienstag dieser Woche gab es eine: Das Wettbewerbstribunal, das über die Rechtmäßigkeit der 1,8 Milliarden Euro schweren Übernahme entscheiden soll, hat seine Anhörungen auf Antrag der südafrikanischen Behörden bis zum 9. Mai ausgesetzt. Die zuständige Gewerkschaft SACCAWU hatte sogar gedroht, andernfalls komplett aus den Verhandlungen auszusteigen und den Übernahme-Prozess vom Verfassungsgericht überprüfen zu lassen. Denn Wal-Mart und Mass-Mart schickten ihre Dokumente zwar immer sehr zügig, nur der Inhalt gefällt den Südafrikanern nicht. Lionel October, General-Direktor des Industrie- und Handelsministeriums hat das anlässlich einer Fragestunde im Parlament sehr deutlich gemacht. Die Regierung will Wal-Mart nicht blockieren, aber zähmen. Es geht um eine Quote lokal eingekaufter Produkte, Arbeitsplatzgarantien und ein Bekenntnis zu kleinen, von Schwarzen geführten Unternehmen. Gerade Pattison, der den Wal-Mart-Deal immer als große Chance für den südafrikanischen Supermarkt-Sektor, als Mutter der Arbeitsplatzschaffung und an guten Tagen auch als Riesenmöglichkeit für das ganze Land darzustellen wusste, zeigt sich bei solchen Forderungen seltsam sperrig. Unfair seien die Auflagen, weil sie für die heimischen Supermarkt-Ketten so nicht gelten. Denen eilt allerdings auch nicht das gewerkschaftsfeindliche, marktzerstörerische Image von Wal-Mart voraus. Mass-Mart und Wal-Mart erwägen nun ihrerseits, Klage gegen die Verschiebung des Verfahrens einzulegen.

SACCAWU-Verhandlungsführer Lucas Ramatlhodi ließ unterdessen wissen, dass ihn der zeitliche Aufschub relativ kalt lasse. „Früher oder später wird der Moment der Wahrheit kommen – das Tribunal muss seine Entscheidung treffen.“ Sollte sie pro Wal-Mart ausfallen, hat die Gewerkschaft bereits schwerste Proteste angekündigt. Insgeheim hofft SACCAWU allerdings, dass Wal-Mart sich entnervt von den Übernahmeschwierigkeiten zurückziehen könnte. „Wir sind immer noch gegen den Deal und wenn sie nicht investieren wollen, sagen wir Halleluja!“, so Ramatlhodi weiter. Die Anleger an der Johannesburger Börse schienen genau diesen Effekt zu befürchten, die Aktie Mass-Marts sank noch am Dienstag auf ein Sechs-Monats-Tief und konnte sich auch in den Folgetagen nur leicht erholen.   Zu große Hoffnungen auf einen schnellen Rückzug Wal-Marts sollten sich die Discounter-Arbeiter allerdings nicht machen, denn wie es ein Analyst gegenüber dem südafrikanischen Wirtschaftsportal Business Live ausdrückte: „Die werden so schnell nicht aufgeben. Die sind Wal-Mart.“

Erschienen am 25.3.2011 in junge Welt.